
Doch welche Gefahren für unsere Kinder gehen konkret von der WhatsApp-Nutzung aus? Dazu möchte ich dir einige erschreckende Zahlen nennen. Sie beziehen sich auf eine für Bayern durchschnittliche Schulklasse mit 22 Kindern, Alter 8-10 Jahre.
- 4 Kinder sind von Cybermobbing betroffen
- 2 Kinder sind von Cybergrooming betroffen (ungewollter Kontakt durch Erwachsene mit sexuellem Motiv)
- 3 Kinder sehen unangemessene Inhalte (Gewalt, Horror, Pornografie, …) auf WhatsApp (häufig ohne dass sie das wollen)
Diese Zahlen zeigen sehr deutlich, wie präsent diese Probleme bei unseren Kindern sind. Da ich das sehr erschreckend finde, möchte ich dir die Gefahren, die von WhatsApp ausgehen können, genauer beschreiben.
1. Altersbeschränkungen und rechtliche Rahmenbedingungen
Auch wenn du bereits gesehen hast, dass mehr als die Hälfte der 8–10-Jährigen bereits WhatsApp nutzt, war dir vielleicht nicht klar, dass das nicht den offiziellen Vorgaben entspricht. Laut WhatsApp-Nutzungsbedingungen liegt das Mindestalter für die Nutzung in der EU bei mindestens 13 Jahren. Länder können das Alter aber auch individuell höher setzen. In Deutschland liegt es bei 13 Jahren, wobei Kinder unter 16 Jahren das Einverständnis der Eltern brauchen. Das liegt unter anderem an der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie erlaubt Anwendungen mit der Verarbeitung personenbezogener Daten, von Kindern unter 16 Jahren, nur mit der Zustimmung der Eltern.

2. Datenschutz und Privatsphäre: Was Eltern wissen sollten
Eben diese personenbezogenen Daten werden von WhatsApp erhoben. Dazu gehören Telefonnummern und das Nutzungsverhalten der Anwender. Zudem werden Anzeigename, Profilbild, Status und das gesamte Telefonbuch auf den Servern von WhatsApp gespeichert. Insbesondere, wenn es um das Telefonbuch geht, erhält WhatsApp Zugriff zu einer sehr großen Zahl von Handynummern und Nutzern. Diese werden auch regelmäßig ausgelesen, um die App aktuell zu halten. Ein Widerspruch ist hier nicht möglich. Ohne diesen Zugriff funktioniert WhatsApp nicht.
Auch eine Freigabe von unter anderem Mikrofon, Standort, Kalender und Fotos fordert WhatsApp an. Diese kann man aber in den Telefoneinstellungen meist einschränken. Bitte beachte aber, dass manche WhatsApp-Dienste dann nicht mehr funktionieren. So können keine Fotos geschickt werden, wenn WhatsApp keinen Zugriff auf das Fotoalbum hat. Ebenso wenig funktionieren WhatsApp-Anrufe, wenn keine Berechtigung für das Mikrofon erteilt wird.
3. Cybermobbing: Wenn WhatsApp zur Belastung wird
Vor der Zeit von Smartphones an Schulen gab es selbstverständlich auch Mobbing und Hänseleien. Diese endeten jedoch fast immer mit dem Schulschluss am Mittag. Mit WhatsApp kann Mobbing rund um die Uhr stattfinden. Zudem werden betroffene Kinder nicht nur auf eine Art, zum Beispiel über WhatsApp schikaniert, sondern zusätzlich auf dem Pausenhof oder auf physische Weise. Dadurch können Betroffene dem fast nicht mehr entkommen. Auch erleben viel mehr Zuschauer das Cybermobbing mit, wenn beispielsweise in Klassenchats gemobbt wird.
Das ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko für unsere Kinder. Unterstützung finden sie bei Seiten wie juuuport.de oder auch fragzebra.de. Die Plattform „Schau hin!“ bietet zudem noch Tipps, wie du dein Kind vor Cybermobbing schützen kannst.

4. Unangemessene Inhalte: Gewalt, Fake News und Kettenbriefe
Das nicht nur Fotos oder lustige Videos von Tierkindern auf WhatsApp verschickt werden, ist uns allen klar. Vielen Eltern wissen allerdings nicht, wie stark verstörende Inhalte auf WhatsApp verbreitet werden. Dazu gehörten beispielsweise Gewalt- oder Horror-Videos, Fake News oder auch angsteinflößende Kettenbriefe wie die „Momo Challenge“. Da diese Inhalte häufig automatisch heruntergeladen werden, hat dein Kind nicht die Chance zu entscheiden, ob es sie sehen möchte oder nicht.
Ich finde es elementar, dass wir mit unseren Kindern über diese Inhalte sprechen und helfen, wie sie damit umgehen können. Vermeide deinem Kind direkt mit Verboten oder Schuldzuweisungen zu begegnen. Das führt nur dazu, dass es beim nächsten Mal, wenn so etwas passiert, nicht mehr zu dir kommt. Es versucht dann das Gesehene allein zu verarbeiten und einzuordnen.
5. Kontakt zu Fremden und Sexting: Eine unterschätzte Gefahr
Über sehr große WhatsApp-Gruppen können fremde Erwachsene einfach an die Nummer deines Kindes kommen und es direkt kontaktieren. Diese Kontaktaufnahme dient häufig dazu sexuelle Kontakte aufzubauen und wird als Cybergrooming bezeichnet. Dabei stellen sich Täter oft jünger dar und fordern Kinder auf Nacktbilder oder Videos von sich zu schicken. Mit diesen werden die Kinder dann erpresst und beispielsweise aufgefordert sich im realen Leben zu treffen. Allein die Kontaktaufnahme mit dem Ziel, Kinder zu sexuellen Handlungen aufzufordern, ist in Deutschland strafbar. Dazu müssen keine Inhalte ausgetauscht werden.
Auch Sexting unter Jugendlichen, also das Versenden erotischer Nachrichten oder Bilder, ist ein Risiko für dein Kind. Zum einen sind Nacktbilder oder -videos von Kindern unter 14 Jahren sogenannte kinderpornographische Inhalte und wer diese herstellt, verbreitet oder empfängt macht sich strafbar. Zum anderen sind sich Kinder und auch Jugendliche oft der Folgen nicht bewusst, wenn die Beziehung endet. Hält der oder die Ex die Inhalte privat, oder werden sie doch mit anderen geteilt?

6. Technische Schutzmaßnahmen für mehr Sicherheit
Um dein Kind vor diesen Gefahren zu schützen, kannst du einige technische Maßnahmen ergreifen. Die wichtigsten sind meiner Einschätzung nach, die Datenschutzeinstellungen in WhatsApp. Dadurch kannst du die Sicherheit deines Kindes maßgeblich erhöhen. Bitte beachte dabei, dass du die Einstellungen zusammen mit deinem Kind anpasst und ihr absprecht, warum welche Einstellung getroffen wird.
Auch über die Plattform-eigenen Sicherheits-Apps, Google Family Link und Apple Bildschirmzeit, können einige Einstellungen gemacht werden, um dein Kind zu schützen. Diese sind aber eher allgemeiner und nicht individuell an WhatsApp angepasst.
Sei dir bewusst, dass keine technische Schutzmaßnahme dein Kind zu 100% schützen kann! Strebe immer eine Kombination aus Technik, Mediennutzungsregeln und begleitenden Gesprächen an.
Fazit
WhatsApp gehört heute für viele Kinder und Jugendliche zum Alltag. Doch hinter der scheinbaren Unbeschwertheit verstecken sich ernsthafte Gefahren für Kinder. Als Eltern möchten wir vor allem eines: Unsere Kinder vor Risiken schützen und ihnen gleichzeitig die digitale Freiheit ermöglichen, die sie brauchen. Dabei geht es nicht nur um technische Schutzmaßnahmen, sondern vor allem darum, im Gespräch zu bleiben, Vertrauen aufzubauen und zu wissen, wie unsere Kinder mit den Herausforderungen in der digitalen Welt umgehen.
Deshalb habe ich ein kostenloses Workbook erstellt, das dir hilft, WhatsApp sicherer für dein Kind zu machen. In diesem Workbook findest du Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie du die richtigen Datenschutz-Einstellungen vornimmst, sowie hilfreiche Informationen und eine Notfallkarte, die du im Ernstfall schnell zur Hand hast.
Schütze dein Kind vor den Gefahren der digitalen Welt und sorge dafür, dass es sicher und selbstbewusst auf WhatsApp unterwegs ist. Denn nur mit einem guten Gefühl der Sicherheit und offenen Gesprächen können wir sicherstellen, dass unsere Kinder die digitale Welt verantwortungsvoll nutzen – und dabei immer wissen, dass sie auf uns zählen können.